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Genauso wie Angriff-Angriff zu einer Eskalation führen kann mit regelmässigen Bindungsbeschädigungen auf beiden Seiten, so kann Einmauern nach einem erfolgten Rückzug auf Dauer genau so grossen Schaden anrichten. Von aussen betrachtet ist diese Variante relativ still. Es kann aber eine Art Eskalation im Innern stattfinden, die jeder mit sich alleine durchmacht. 

Rückzug auf beiden Seiten geschieht immer dann, wenn jeder für sich alleine versucht, mit dem Bindungsalarm fertig zu werden und die emotionale Energie darauf verwendet, die Verlassenheitsgefühle oder die Traurigkeit (Verletzung) zu betäuben.

Umgekehrt kann man auch sagen, dass sich keiner in der Lage fühlt, die negativen Emotionen der Verletzlichkeit offen zu legen.

Eines der häufigsten Rückzugsprobleme betrifft die Sexualität. Einem der Partner oder beiden gelingt es nicht mehr, aus dem Rückzug herauszutreten.

 

Verhaltensmuster bei Rückzug-Rückzug

Pic rueckzug-rueckzug Bindungsalarm: Verhalten bei negativer Nähe Angriff-Angriff Angriff-Rückzug

Innere Eskalation

Bei starkem Rückzug sind die Gedanken und das nach innen gekehrte Erleben geprägt von pessimistischem Gehalt. Aufgrund der "disconnection" entstehen gedankliche Abwertungen des Partners, ein Schwanken zwischen Traurigkeit und Wut findet statt, eine Entwicklung hin zur Resignation kann man beobachten. Es fühlt sich einsam, kalt und leer an. Sinnfragen werden auf einmal ans Leben gestellt.

All diese inneren Grübeleien und emotionalen Rückzüge tragen nicht dazu bei, etwas für die Beziehung Relevantes zu klären oder zu verbessern. Im Gegenteil. Dennoch scheint es oft so zu sein, dass die Partner sich eine Verbesserung erhoffen, die "irgendwie" und "irgendwann" geschehen wird. Starker Rückzug ist gelegentlich geprägt von dieser falschen Hoffnung.

Es kann eine Art "innere Eskalation" in den Partnern stattfinden, von welcher der andere Partner nichts mitbekommt. Gedanken wie "am besten keine Beziehung mehr" nehmen auf einmal überhand. Die Partner verabschieden sich zumindest in ihren Gedanken enttäuscht von nahen Beziehungen. Eine Variante davon ist, dass man sich ständig mit dem Gedanken herumschlägt, "den faschen Mann" respektive "falsche Frau" als Partner zu haben und alles besser würde, wenn man den Partner einfach wechselt.

 

Merkmale von "Rückzug-Rückzug"

Wenn beide Partner ihren jeweiligen Bindungsalarm über Rückzug ausdrücken und dies unter Umständen schon seit geraumer Zeit so andauert, so kann man oft zwei Phänomene beobachten:

  1. Die Partner haben mittlerweile Mühe, überhaupt positive Emotionen füreinander zu empfinden, weil diese Emotionen durch den Rückzug wie vergraben erscheinen. Der Rückzug hat oft zum Zweck, die Verletzung oder allgemeiner die intensive negative Emotion zu betäuben. Damit werden aber alle anderen Emotionen, vor allem die positiven, mitbetäubt.
  2. Beide Partner haben das Gefühl, sie fänden aus dieser Situation keinen Ausweg mehr. Sie haben Angst vor einer Selbstöffnung, als ob sie über einen grossen Schatten springen müssten. Sie fühlen sich überfordert und empfinden Ausweglosigkeit.

Das Unterdrücken und Zurückhalten von Traurigkeit und Schmerz wird häufig in rein innere Wut umgewandelt, allenfalls in Hass. Ebenso kann eine Umwandlung in Gleichgültigkeit, Stolz/Sturheit beobachtet werden. Das sind alles Betäubungsversuche der Traurigkeit, der Angst, Unsicherheit, Hilflosigkeit und Verlassenheit etc.

Starker Rückzug löst eine ebenso starke Frustration der Bindungsbedürfnisse aus. Diese Verbindungslosigkeit an und für sich kann als sehr schmerzhaft erlebt werden.

Letztlich ist Rückzug bei bestehender Beziehung auch deshalb eine für die Bindung bedrohliche Situation, weil damit eine innere Trennung vorbereitet wird, welche dann auch äusserlich unter Umständen vollzogen wird.

 

Beispiel zu "Rückzug-Rückzug"

Sie fühlte sich fix und fertig an nach dem Stillen, die Brust tat ihr weh, und obwohl sie unendlich Freude hatte an ihrem Kind und an der gemeinsamen Nähe zu ihm, empfand sie bei ihrem Partner ablehnende Gefühle und Ekel, wenn er sich ihr näherte. Als er dann zum wiederholten Male versuchte,  zärtlich zu sein und mit ihr zu schlafen, da sagte sie ihm direkt ins Gesicht: "Du, lass das, immer dieses Getue, nur um Sex zu haben, das geht mir auf den Wecker!"

Noch zehn Tage später hallte diese Bemerkung in seinem Kopf wie der Ton eines Hammerschlags auf einen Amboss. Es traf ihn sehr, aber er liess sich seitdem nichts anmerken. "Eigentlich nichts Neues", sagt er sich. "Seit der Geburt vor einem Jahr will sie nicht." Wenn er nach Hause kommt, grüsst er freundlich mit einem Küsschen, verzieht sich aber dann. Manchmal spielt er noch mit dem Kind, das er genau so liebt. Innerlich sagt er sich, dass wird dann schon noch werden, das geht vorbei.

Ihr tat es gut, den Satz zu sagen, sie hat jetzt endlich Ruhe. "Ich habe es ja schon verschiedene Male liebevoll gesagt", meinte sie zu sich beschwichtigend. Gleichzeitig froh, fürs erste ein Problem vom Hals zu haben, tat es ihr auch leid. Das heisst, sie war traurig. Sie fragte sich selber, wie das weiter geht mit der Sexualität.

Drei Jahre später, als sie in der Paartherapie über Sexualität und körperliche Nähe sprachen, mussten beide weinen. Beide wussten, dass dieser kurze Streit damals ein wichtiger Auslöser war für eine lange Periode von Einsamkeit in der Beziehung.