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Menschen mit einem ängstlich-unsicheren Bindungsstil erkennt man daran, dass sie sehr sensibel auf Distanz in der Beziehung reagieren. Wenn sie in einer Beziehung sind, dann ist ihr Bindungssystem schnell beunruhigt, wenn der Partner nicht zur Verfügung steht, unerreichbar ist oder keine Nähe will.

Ängstliche Bindungstypen haben ein Bindungssystem, das sich sehr schnell aktiviert. Auch ein kleiner Hinweis, dass der Partner sich in irgendeiner Form gerade distanzieren könnte, versetzt das Bindungssystem des ängstlichen Bindungstypen in Alarm. Sie haben deshalb ein hohes Bedürfnis, zum Partner die Verbindung zu spüren und regelmässig bestätigt zu bekommen. Erst wenn die Bestätigung erfolgt, dann beruhigt sich das ängstliche Bindungssystem wieder.

Hyper-Aktivierung: Bindungsalarm

Ist der ängstliche Bindungstypus alarmiert, so aktiviert sich sein Bindungssystem. Er (sie) hat dann sogenannte Aktivierungsstrategien, die sich häufig in Form eines verbalen Protestes äussern (siehe unten). Manchmal kann der Protest die Grenzen überschreiten. Letztlich signalisiert der ängstliche Bindungstypus mit dem Protest das Bedürfnis, die sichere Nähe zum Partner wieder herzustellen.

Bevor es zum sichtbaren Protest vor dem Partner kommt, versucht das Bindungssystem in einer ersten Phase durch innere Prozesse eine Selbstberuhigung. Die Selbstberuhigung gelingt aber meistens nicht. Das ist mit Hyperaktivierung gemeint. 

  • Unaufhörlich über die Beziehung nachdenken und sich nicht mehr auf etwas anderes konzentrieren können (z.B. die Arbeit, das Kinderhüten etc.). 
  • An die positiven Eigenschaften des Partners denken, um sich irgendwie beruhigen zu können.
  • Hoffen darauf, dass der Partner bald eine Bindungsbestätigung aussendet ("ich liebe dich", "ich warte auf dich" etc.), um sich wieder verbunden zu fühlen.
  • Sich mit dem Satz "jedes Paar hat ja so seine Probleme" zu beruhigen versuchen.
  • Sich aufmuntern mit "mein Partner (Partnerin) kann sich ja auch ändern".
  • Ängstliches Denken und Fühlen, denn "es würde Jahre dauern, wieder einen neuen Partner (Partnerin) zu finden. Ich bin ja eh mit niemandem wirklich kompatibel".
  • Fatalistisches Denken und Fühlen gemäss ihrer ängstlichen Bindungsüberzeugung : "Ich glaube nicht daran, dass ich es letztlich wert bin, dass jemand wirklich für mich da ist und mich genau gleich zurückliebt. Trotzdem fühlt sich Nähe für mich oft überlebenswichtig an."

Übrigens, eine der oben erwähnten Strategien ist durchaus sinnvoll: Sich selber zu beruhigen, indem man sich auf Positives der Partnerschaft konzentriert. Allerdings sollte man sich nicht nur auf die positiven Eigenschaften des Partners konzentrieren. Wirksam wäre ebenso, sich an konkretes Verhalten zu erinnern, das der Partner in der Vergangenheit jeweils gezeigt hat, um Bindungssicherheit aktiv wieder herzustellen!

Micromanagement

Typisch für Personen mit einem ängstlichen Bindungsstil ist es, dass sie möglichst nahe beim Partner sein möchten, wenn es ein Problem in der Beziehung zu bewältigen gibt. Diese Nähe zum Partner im Falle von Problemen gibt Sicherheit und hilft, die Angstgefühle besser zu bewältigen. Die allgemeine Tendenz, möglichst nahe bei Problemen zu sein, führt im Falle von Alltagsproblemen im Leben der Partnerschaft zum sogenannten Micromanagement: Man lässt den Partner zu wenig Raum für die eigene Bewältigung von Problemen, sei es nun beim Umgang mit dem Haushalt, bei Alltagsentscheidungen oder in der Erziehung der Kinder. Dies hat häufig starke Auswirkungen auf den Partner: Er oder sie zieht sich aus der Bindung zurück.

Protestverhalten - Angriff - Umwandlung in (heisse) Wut

Bietet der Partner in einer Alarmsituation keinen sicheren Kontakt, beginnt der ängstliche Typ zu protestieren. Das heißt, sein Alarmgefühl verwandelt sich in einen offenen Protest. Diese Protestaktionen können der Bindungsbeziehung Schaden zufügen, da das Verhalten auf Wut basiert (heisse Wut). Darunter befindet sich einfach ein alarmiertes Bindungssystem in einem Zustand der Überaktivierung. Das System muss nun den Kontakt herstellen. Erst wenn der Partner die Verbindung bestätigt hat, beruhigt sich das Bindungssystem. Der Protest ist vorbei, die innere Aktivierung weicht einem inneren Frieden und einem Gefühl, einen sicheren Hafen im Partner zu haben..

Verschiedene Arten des Protests

Der Bindungsprotest ist mehr das äussere Verhalten, wenn das Bindungssystem alarmiert (hyperaktiviert) ist. Viele dieser Handlungen sind wutbasierte Verhaltensweisen (anger-based reactions). Untenstehend finden Sie ein paar Beispiele dieses Protestverhaltens.

  • Übertriebene Kontaktversuche: Zu viele Anrufe, Emails, SMS. Ebenso warten auf einen Anruf, aktives Aufsuchen und Abfangen (zum Beispiel beim Arbeitsplatz)
  • Vorwurfsvolles Rechnen und Zählen: Wie lange braucht er (sie) für seine Antwort, wie oft/selten hat er (sie) die Initiative ergriffen etc. Gefolgt von Vorwürfen und Beschuldigungen.
  • Feindliche Gesten: Augenrollen, Wegschauen, Aufstehen und beim Reden herumlaufen oder nahe an den Partner herantreten und laut reden
  • Versuche, Reaktionen beim Partner zu provozieren, um Aufmerksamkeit zu gewinnen (Provokationen)
  • Aggressionen: Vor allem verbale Aggressionen bis hin zu Tätlichkeiten, wenn der Protest nichts nützt (ungesunde Wut).