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Macht und Dominanzverhalten als "klassische" Wutreaktion

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Dominanz- und Machtgebahren ist häufig eine der Formen von Wutumwandlung bei Gefühlen der Unsicherheit, Hilflosigkeit und Angst in Bindungen (zoom-link).

Macht und Dominanzverhalten als spezifisches emotionales Problem

Für nicht wenige Partner ist es eine grosse emotionale Herausforderung, den natürlichen Einfluss des anderen Partners emotional zu regulieren. Einige Partner ziehen sich deswegen zu oft und zu schnell zurück.

Andere ziehen sich eben nicht zurück, sondern greifen an. Ihr "Angriff" besteht aus dominantem und machtvollem Auftreten. Diese Dominanz kann man als Bewältigungsversuch verstehen. Sie versuchen das Problem zu bewältigen, das sich ergibt, wenn sie den Einfluss des Partners aufs eigene Denken und Empfinden, auf persönliche Entscheide und Handlungen spüren. Innerhalb einer Bindung haben sie einen verminderten emotionalen Zugang zu den eigenen Bedürfnissen, zu ihren Präferenzen, zum eigenen Willen und zu dem, was ihnen wichtig ist.

Oder anders ausgedrückt: Bei negativen Emotionen, die durch Einflussnahme und Bestimmung durch den Partner entstehen, besteht die Gefahr, sie in Ärger, Wut, Stolz und in Dominanzgebahren umzuwandeln. Damit wird die eigene Verletzlichkeit vor dem Partner und auch vor sich selber verborgen. Aber es entsteht negative Nähe.

Dominantes Verhalten bringt keine Lösung dieses Problems. Die Lösung ist eine Erweiterung der emotionalen Kompetenzen, um Einflüsse des anderen zuzulassen und gleichzeitig fähig zu werden, eigene Bedürfnisse und den eigenen Willen zu äussern respektive einzubringen. Es geht darum, diese gegenseitige Einflussnahme als konstruktiv und gewinnbringend statt als rein konfrontativ zu erleben.

 

Hintergründe für Macht- und Dominanzverhalten

  • Bindungserbe: Umgang mit Differenzen innerhalb der Familie war nicht konstruktiv.
  • Bindungserbe: Unterschiedliche Meinungen und Ansichten wurden unter dem Tisch gehalten oder führten zu Angriff.
  • Eigener Wille als Kind und Jugendlicher zu Hause wurde vor allem bekämpft und kritisiert.
  • Autoritärer Umgangston und entsprechende Formen. Grenzen und Respektsformen waren rigide und einseitig zugunsten der Autorität (z.B. Eltern), so dass Grenzen und Respekt nur als Forderung erlernt wurden. Die Autorität hatte selber keine Bringschuld in Sachen Respekt und Wahrung der Grenzen.
  • Anti-autoritärer Umgangston und entsprechende Formen. Grenzen und Respektsformen blieben vage oder zu wenig vermittelt, so dass sich rücksichtslose Verhaltensweisen innerhalb naher Beziehungen ausprägen konnten.
  • Negative Erfahrungen mit diesem Thema in vergangenen Bindungen (Ex-Partnerschaften).
  • Wichtige Veränderungen in der Partnerschaft führen zu Abgrenzungs- und Rollenproblemen (z.B. Pensionierung eines Partners).

 

Merkmale von Dominanz- und Machtverhalten

Dominanter Partner

  • Keinen Raum geben, keine Geduld haben, Kompromisse als Bedrohung empfinden.
  • Schwierigkeiten, momentane Unklarheiten des andern zu tolerieren
  • Überfahren, Übergehen des andern, Nicht-Befragen, was der andere eigentlich will, braucht etc.
  • Kämpfe, auch wenn es um "nichts" geht
  • Sturheit, Rache, Abwertungen
  • Sexualität: Mühe haben, die Initiative des anderen Partners positiv aufzunehmen. Stattdessen eher Unsicherheit und Rückzug, ausser man behält die Initiative und das Drehbuch in der Hand

Dominierter Partner

  • Angst, etwas vorzuschlagen - lähmende Angst vor Kritik
  • Mit dem Gefühl zu leben, selber keine guten oder intelligenten oder sonst wie positiv empfundenen Beiträge und Vorschläge zu machen (Minderwertigkeitsgefühle)
  • Ständiges Abwägen, ob man die Konfrontation sucht oder dem Frieden zuliebe darauf verzichtet
  • Dem Partner viel Warten zumuten, bis man selber zu einem Entscheid gelangt

 

Beispiel

Nach der Pensionierung

Ruth und Erwin haben drei Kinder aufgezogen. Der Jüngste ist vor 8 Jahren ausgezogen. Seit der Pensionierung Erwins gibt es andauernd Machtkämpfe.

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Schon in den ersten Wochen nach seiner Pensionierung machte sich Erwin daran, die Küche neu zu organisieren. Er frug jedes Mal, ob Ruth einverstanden sei und dachte aufgrund ihrer Reaktion, dass seine Vorschläge in Ordnung seien. Doch Ruth war nicht einverstanden mit den Änderungsvorschlägen. Sie  traute sich nicht, nein zu sagen, weil ihr klar war, dass sie Erwin bis zu einem gewissen Grad entgegen kommen muss. Schliesslich ist er jetzt pensioniert und viel mehr zu Hause. Erwin schlug deshalb einen Aufgabenplan für den Haushalt vor, der regelt, wer was macht. Das schaffte ein bisschen Klarheit. Ruth dachte dennoch: Früher brauchte ich keine Plan und es ging auch sehr gut!

Die plötzliche Aktivität Erwins zu Hause erlebte Ruth zunehmend als bedrohlich. Sie merkte, dass sie sprachlos blieb, nachdem er etwas Neues vorgeschlagen hatte. Sie konnte gar nicht richtig darauf reagieren, zumindest nicht unmittelbar. Es machte sie unsicher. Sie hatte Mühe, eigene Präferenzen und Vorstellungen in Gegenwart Erwins zu spüren und auszudrücken. Sie kam aber auch nicht auf die Idee zu sagen: "Warte mal, bis jetzt habe ich es immer auf meine Art gemacht. Ich brauche Zeit um zu merken, ob ich diese Veränderung will oder nicht. Das muss alles sehr viel langsamer gehen".  Stattdessen sagte Ruth entweder gar nichts mehr, wenn Erwin meinte, der Duschvorhang könnte auch mal gewaschen werden. Oder sie sagte auf Vorrat nein zu irgendwelchen Vorschlägen, selbst dann, wenn es gar nicht um den Haushalt ging. Manchmal musste Erwin tagelang warten und immer wieder nachfragen, bis Ruth irgendeine Antwort gab.

Diese ablehnende Haltung verletzte Erwin. Er hatte all die Jahre hören müssen, dass er sich nie für den Haushalt engagieren würde. Jetzt, wo er dafür Zeit hat, ist sein Engagement nicht willkommen. Er fing an, dieses Engagement zu drosseln. Wenn er dennoch etwas im Haushalt machen wollte, so frug er Ruth nicht mehr.

Erwin fiel es schwer, im Haushalt die zweite Geige zu spielen und zu akzeptieren, dass er aufgrund ihres traditionellen Ehemodels, welches sie jahrelang praktizierten, nicht einfach die Verhältnisse auf den Kopf stellen kann. Er war sich in seinem Beruf gewohnt zu bestimmen und zu entscheiden.

Als Erwin einmal die ganze Wäsche selber wusch, ohne vorher Rücksprache zu nehmen, eskalierte es zwischen den beiden. Ruth meinte am Schluss des Streits wütend: "Ich glaube, wir können nicht zusammen leben. Es wäre wohl besser, jeder hätte seine eigene Wohnung!"