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Sind wir monogam veranlagt?

Menschen sind nicht monogam in dem Sinne, dass sie biologisch zur Einehe "programmiert" wären und  in ihrem Leben nur einen einzigen fixen Sexualpartner haben... Fortsetzung hier 

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Es macht Sinn, zwischen zwei Arten von Fremdgehen zu unterscheiden:

  • Fremdgehen, welches vor allem im Zentrum den Sex mit einer andern Person hat mit wenig emotionaler Verbundenheit
  • Die Nebenbeziehung, in der der Sex (oder der Wunsch danach) eine gewisse Bedeutung hat, aber echte Gefühle für diese andere Person eine zentrale Rolle spielen. Der stärkste Ausdruck davon wäre ein Verliebtsein.

Allerdings sind die Reaktionen des betrogenen Partners im ersten Moment oft ähnlich. Die Unterscheidung ist dennoch sinnvoll, weil eine Nebenbeziehung eine echte Konkurrenz zur bestehenden Bindung darstellen kann. Zudem kann man eine Nebenbeziehung oftmals als Symptom für Schwierigkeiten und Probleme in der Ursprungsbeziehung sehen.

Die Konkurrenzsituation wirft den betrügenden Partner manchmal in ein Bindungsdilemma. Wenn die ursprüngliche Bindung aufrechterhalten werden möchte, so ist es wichtig, sich zuerst von der Nebenbeziehung zu lösen. Sonst kann sich der betrügende Partner nicht wirklich auf die Wiederherstellung des Vertrauens, die Lösung der Probleme und die Verbesserung von Beziehungskompetenzen konzentrieren. Ganz zu schweigen vom betrogenen Partner...

Traumatisierung

Betrogen worden zu sein kann manchmal wie eine Traumatisierung empfunden werden. Dies hat mit dem Bindungsgefühl zu tun, das wir für unserem Partner haben. Ein Bindungsgefühl ist dann intakt, wenn wir sicher sind dass...

  • wir den Partner "haben", das heisst die "sichere Basis" ist vorhanden
  • wir uns wichtig und bedeutsam fühlen für ihn
  • wir davon ausgehen können, dass der Partner da ist, wenn wir ihn brauchen.
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Normalerweise setzen wir alles daran, das Bindungsgefühl zu bewahren (emotionale Selbstregulation), auch wenn der Partner nicht da ist, nicht so antworten kann, wie wir es gerne hätten oder ein anderes Bedürfnis hat als man selbst. Ab dem Moment, in dem wir erfahren, dass der Partner fremdgegangen ist, können wir den Einbruch des Bindungsgefühls aber meistens nicht abwehren. Die Information, getäuscht worden zu sein, verunmöglicht diese emotionale Selbstregulation. Diese Hilflosigkeit kann traumatisierend wirken.

Bei länger andauernden Affären, die "auffliegen", entsteht auch die Situation, dass vieles, was während dieser Zeit gemeinsam erlebt worden ist, auf einmal in einem anderen Licht erscheint, so als ob alles nicht mehr gilt respektive sich entwertet anfühlt.

Schuld, Scham und Verzeihen

Es ist wichtig, dass der Fremdgeher die Verletzung im andern Partner sieht und anerkennt. Das bedeutet anzuerkennen, dass...

  • er (sie) selbstbezogen und übertrieben egoistisch gehandelt hat
  • er (sie) durch die Nebenbeziehung in Kauf genommen hat, dem andern Schaden zuzufügen (Schuld)
  • er (sie) sich dafür schämt und die Scham glaubwürdig und nicht aufgesetzt wirkt.

Wenn dies anerkannt wird, dann kann ein Prozess des Verzeihens beim betrogenen Partner in Gang kommen. Ob es gelingt, ist allerdings nicht garantiert.

Fremdgehen als Rückzug von der eigenen Beziehung

Wenn man die Geschichte der Beziehung anschaut, so taucht häufig ein Punkt auf, bei dem sich derjenige, der fremd gegangen ist, innerlich von der Beziehung zurückgezogen hat. Dieser Rückzug wurde aber nicht im vollen Ausmass sichtbar. Solche Rückzüge können langsam entstehen. Mit der Zeit entsteht ein Vakuum von Verbindungslosigkeit und Bedürfnisfrustration. Da hinein kann eine Affäre oder ein sonstiges Fremdgehen "schlüpfen".

Für Paare, die weiter zusammen bleiben wollen, ist es wichtig, das Fremdgehen auch als Symptom für eine negative Beziehungsdynamik anzuschauen und nicht nur als Ausdruck einer individuellen Verfehlung. Was drückt das Symptom aus? Wie entstand die negative Nähe? Welche Bindungsbedürfnisse respektive Nähe-Bedürfnisse wurden frustriert? Wie war das mit der Sexualität in der Beziehung?

 

Hintergründe fürs Fremdgehen

Nebenbeziehungen

Der am meisten angetroffene Grund für eine Nebenbeziehung ist ein emotionaler Rückzug von der Bindung. Der Rückzug betrifft meist mehrere Bereiche der Nähe und nicht nur derjenigen der Sexualität. Zuviel Verbindungslosigkeit wird vom Partner, der eine Nebenbeziehung hat, empfunden. Verschiedene Hintergründe können eine Rolle spielen:

  • Es gibt unerledigte Verletzungen in Form von Kränkungen, Beleidigungen, Kritiken am Partner, welche zu einem Rückzug geführt haben.
  • Beim Partner, der betrügt, besteht sei längerem das Gefühl, nicht mehr interessant genug zu sein.
  • Es fehlt an Harmonie und positiver Nähe insgesamt.
  • Ein wichtiges Bedürfnis, um sich in der Beziehung wohl zu fühlen, ist seit langem unbefriedigt. Zum Beispiel das Bedürfnis nach mehr Eigenständigkeit/Unabhängigkeit oder das Bedürfnis nach affektiven Gesten und zärtlichem Umgang miteinander.
  • Es hat beim fremdgehenden Partner während langer Zeit eine Überanpassung an den anderen Partner und an die Lebensumstände der Beziehung stattgefunden, ohne dass der überangepasste Partner in der Lage war, seine Bedürfnisse, Präferenzen, was ihm wichtig wäre etc. wirklich einzubringen. Dieses Vermeiden führte zu einem Rückzug.
  • Emotionaler Rückzug hat häufig Traurigkeit, Einsamkeitsgefühle und Wertlosigkeitsgefühle als Frau / Mann zur Folge, welche mit einer Nebenbeziehung kompensiert werden.

Fremdgehen mit Beschränkung auf Sexualität

  • Es besteht eine Frustration im Bereich der Sexualität selber, einer oder beide Partner haben Probleme beim Erleben von Sexualität an und für sich. Die Sexualität wird dann vermieden, als negativ, unbefriedigend etc. erlebt.
  • Sexuelle Frustration kann das Gefühl hervorbringen, kein richtiger Mann respektive keine richtige Frau mehr zu sein. Eine mögliche Lösung ist dann Fremdgehen, um sich begehrt zu fühlen.

 

Merkmale und Folgen des Fremdgehens

  • Bei gewissen Partnern ist nach dem Auffliegen, dass der andere Partner fremdgegangen ist, sofort Schluss. Die Verletzung und der Schmerz ist so gross, dass nur ein sofortiges Beenden der Beziehung in Frage kommt. Es scheint, als ob es unmöglich ist, das Vorgefallene gemeinsam anzuschauen und daran eventuell zu wachsen.
  • Ein häufig anzutreffendes Merkmal ist, dass in der Beziehung seit einer gewissen Zeit sexuelle Probleme bestehen, gegenüber denen man sich hilflos fühlt. Er oder sie weiss nicht (mehr), wie das Problem zu lösen ist. Es entsteht eine Vermeidungstendenz, das Problem anzugehen.
  • Beim Partner, der fremdgeht, ist häufig eine Abspaltung vorhanden, als ob die Nebenbeziehung völlig lösgelöst von der Bindung existiert. Diese Abspaltung erlaubt, Schuldgefühle und Scham zu regulieren (das heisst, diese Gefühle in sich nicht allzu heftig zu spüren).
  • Das Thema "Gefallen finden an andern Männern/Frauen" sowie die Grenzen, welche sich die Partner bezüglich Treue/Untreue setzen, wurde selten in der Beziehung besprochen.
  • Schuldgefühle und Scham entstehen beim Fremdgeher / bei der Fremdgeherin, weil man eine Bindungsverletzung verursacht hat.
  • Bei der betrogenen Person entsteht häufig eine sehr zermürbende, selbstkritische innere Stimme, die am eigenen Wert zweifelt. Die betrogene Person kann sich wertlos fühlen und wird damit kaum fertig.

 

Formen des Fremdgehens

"Fremdgehen" kann verschiedene Formen annehmen

Was als "Fremdgehen" wahrgenommen wird, hängt ebenso recht stark von den Partnern ab.

  • Eine länger andauernde Nebenbeziehung, bei denen nicht nur die sexuelle Anziehung der Motor ist, sondern auch Verliebtheitsgefühle
  • Eine Nebenbeziehung, bei der es vor allem um den Sex geht, aber weniger um die persönliche Beziehung
  • Ein Abenteuer, bei dem man sich heftig verliebt hat
  • Ein Abenteuer, bei dem es nur um den Sex ging
  • Bezahlsex, in "Fleisch und Blut" oder rein "virtuell-digital"
  • Verliebtheit in eine andere Person, ohne dass es zu intimen Kontakten gekommen wäre
  • ...

 

Beispiele

Bernd und Theres: Mangelnde Affektivität und Sexualität

In einer separaten Erstsitzung erzählt Bernd, dass er seine Frau, Theres, für vieles bewunderte. Sie hatten schon immer gute gemeinsame Gespräche, viele gemeinsame Interessen, beruflich waren sie sich gegenseitig Inspiration, die Reisen ihre Leidenschaft. Einzig das Emotionale war aus Sicht Bernds nicht gerade die Stärke seiner Frau. "Sie reagierte schon immer schnippisch und kritisiert schnell einmal. Aber ich habe mich in all den Jahren daran gewöhnt. Vor drei Jahren etwa klappte dann der Sex nicht mehr so richtig. Seitdem meiden wir Intimitäten."

Theres erzählt ebenso in einer ersten Sitzung, dass sie Bernd auf den Sex lieber nicht mehr anspricht. "Ich will ihn doch nicht jedes Mal demütigen. Es klappt bei ihm nicht mehr, wenigstens nicht mehr mit mir. Ich weiss, dass er eine Affäre hatte, die etwa drei Monate dauerte, mit Sex! Ich kenne die Frau nicht, und will auch nichts davon wissen. Aber was mich wirklich beschäftigt ist dies: Weshalb haben wir als Paar die Sexualität "verloren"?

In den darauffolgenden gemeinsamen Sitzung öffnet sich Bernd zunehmend und steht ein für ein ihm wichtiges Bedürfnis: Es wurde ihm immer deutlicher bewusst, dass das Liebenswerte, das Zärtliche und Affektive ein grosses Bedürfnis ist - schon immer war! Aber in all den Jahren hatte er sich daran gewöhnt: Theres ist dafür nicht zu haben. Theres verstand umgekehrt , dass ein Nähe-Bedürfnis, das über zwei Jahrzehnte immer vorhanden war, bei Bernd unbefriedigt geblieben ist. Als es dann vor drei Jahren ein paar Mal hintereinander nicht mit der Erektion bei Bernd klappte, hätte er Trost, Streicheln und einfach Kuscheln gebraucht, um sich wieder emotional zu fangen und Vertrauen zu fassen. Genau diese Art von Nähe, welche in ihrer langjährigen Beziehung immer zu kurz kam.

Für Theres werden die Gründe klarer. Allerdings hat sie Zweifel: Kann ich mich da überhaupt ändern? "Ich bin, wie ich bin", sagt sie mehrmals in den Sitzungen.

 

Susanne und Joel: Keine Konflikte - keine Auseinandersetzungen

Susanne lässt nicht locker und will einfach wissen, weshalb Joel diese Affäre mit der Arbeitskollegin hatte. Vor mehr als sieben Jahren, nachdem herausgekommen war, dass Joel Bezahlsex mit einer Prostituierten hatte, schwor Joel, dass er beim kleinsten Anzeichen offen darüber reden würde, falls er Sex mit einer anderen Frau haben möchte, und zwar bevor er es tun würde. Susanne fühlte sich wegen dieses gebrochenen Versprechens verraten und schwer getäuscht, denn sie hatte damals Joel wirklich vertraut. In den all den Jahren hatte sie keine Ängste und kein Misstrauen gegenüber Joel. Sie sagte sich stets: Es ist normal, dass wir andere Menschen attraktiv und sexuell begehrenswert finden. Hauptsache wir reden offen darüber, so dass keine Parallelgeschichten entstehen, die wir dem anderen vorenthalten.

In den Therapiesitzungen wurde für Joel deutlich, dass er bei Schwierigkeiten, Problemen und unterschiedlichen Sichtweisen in der Beziehung zu Susanne stets schwieg und seine Bedürfnisse und seine Präferenzen etc. nicht auf den Tisch legte. Er sagte gewöhnlich einfach "Ja, ist gut" oder "Ok, wenn du meinst". Auch persönliche Probleme, mit denen er sich herumschlug, seien es Probleme mit seiner Herkunftsfamilie, seien es Probleme im Zusammenhang mit der Arbeit, erwähnte Joel höchstens knapp und am liebsten gar nicht

Ganz anders Susanne. Sie erzählte ihm eher von allem zu viel: Was sie beschäftigte, wen sie getroffen hatte (und wenn es ein Mann war, ob sie ihn attraktiv oder unattraktiv gefunden hatte), was sie morgen vor hat und ob überhaupt.

Joel wurde seine Vermeidungshaltung gegenüber Problemen und Konflikten im Allgemeinen bewusst. Er merkte auch, dass er viel zu oft "falsche Jas" von sich gab, wo er doch lieber mal "Nein" hätte sagen wollen. Er konnte einen klaren Zusammenhang herstellen zwischen seinem Schweigen, dass er drauf und dran war, jemanden näher kennen zu lernen und dieser Vermeidungshaltung gegenüber Unangenehmem und Konflikthaftem.

Für Joel war klar: Er wird mehr Auseinandersetzungen in Kauf nehmen müssen mit Susanne. Das behagt ihm zwar nicht. Aber der Verzicht auf Auseinandersetzungen hat einen zu hohen Preis, Dieses Ausweichen hinterlässt ein Vakuum, in das konfliktfreie Nebenbeziehungen hineinschlüpfen.